Aufgaben der Vereinten Nationen: Menschenrechte (II)

Beim folgenden Text handelt es sich um die Zusammenfassung eines Abschnitts des Buches: Gareis, Sven Bernhard / Varwick, Johannes (2014), Die Vereinten Nationen. Aufgaben, Instrumente und Reformen, 5. Aufl., Verlag Barbara Budrich, nämlich S. 205-238

Gewährleistung der Menschenrechte: Institutioneller Rahmen und Verfassungsregeln

Wirksamer Menschenrechtsschutz benötigt verlässliche Mechanismen durch Eingliederung der Menschenrechte in nationales Recht und die Kontrolle durch den Staat und die Gesellschaft. Aufgrund der Sorge von Staaten hinsichtlich der unzulässigen Einmischung in innere Angelegenheiten wurde eine souveränitätsschonende Kontrollmodalität geschaffen, indem sich alle Vertragsparteien in regelmäßigen Abständen in Ausschüssen treffen und über den Stand der Implementierung und der Befolgung der vereinbarten Normen in ihrem Staat berichten.

Dieses Staatenberichtsverfahren wurde erstmal obligatorisch mit der 1965 verabschiedeten CERD (Convention on the Eradication of all Forms of Racial Discrimination) in Kraft gesetzt. Die Mitgliedsstaaten unterstehen so einer Berichtspflicht, die Prüfverfahren sind jedoch nicht eindeutig geregelt. Kritik kann man daran äußern, dass Offenheit und Wahrheitstreue den Staaten selbst überlassen werden. Jedoch sind die internationalen reputationsbedachten Staaten meistens an einer ernsthaften Befolgung der Berichtserstattung interessiert, da die Berichte öffentlich zugänglich sind und die Staaten so von NGOs bloßgestellt werden könnten.

Staaten sind zusätzlich dazu befähigt, im Rahmen der Staatenbeschwerde anderen Mitgliedstaaten einen Vertragsbruch vorwerfen zu können, welches einem dann gegründeten Schiedsgericht vorgelegt wird. Dazu kam es bisher noch nie. Nicht nur einzelne Staaten, sondern auch jedes Individuum kann sich an das Gremium in Form einer Individualbeschwerde wenden, um so auf die Verletzung seiner Rechte aufmerksam machen und Hilfe zu suchen.

Für den Bereich der Menschenrechte versagten die Vereinten Nationen 1947 sich selbst das Recht zur Überwachung und Durchsetzung der Menschenrechtsstandards. Durch die Resolutionen 1235 und 1503 im Jahre 1967 und 1970 wurde die Annahme und Prüfung von Individualbeschwerden und öffentlichen Stellungsnahmen zur Menschenrechtskommission zugelassen. Das 1503-Verfahren wurde 2006 mit dem Ablösen der Menschenrechtskommission durch den Menschenrechtsrat übernommen.

Juristische Verfahren durch Vertragsorgane 

Menschenrechtsausschuss des Zivilpaktes (CCPR)

Der Menschenrechtsausschuss besteht aus 18 Mitgliedern, die innerhalb einer geheimen Wahl, welche durch den VN-Generalssekretär einberufen werden kann, bestimmt werden, wobei jeder Staat zwei Mitglieder seines Landes zur Wahl vorschlagen kann. Die Mitglieder sind keine Repräsentanten ihrer Staaten und damit zur unparteilichen Wahrnehmung verpflichtet. Der Ausschuss tagt drei Mal jährlich für drei Wochen in New York oder Genf.

Die Hauptaufgabe des Menschenrechtsauschusses besteht in der Prüfung der Staatenberichte, wobei dieser auch jederzeit Staatenberichte anfordern kann, falls dieser auf Menschenrechtsverletzungen aufmerksam gemacht wurde. In den Berichtsprüfungsverfahren haben dabei die Nichtstaatlichen Organisationen einen hohen Stellenwert. Die Prüfung der Berichte ist öffentlich zugänglich. Die Prüfung von Individualbeschwerden ist nur möglich falls diese nicht von einem anderen internationalen Gremium abhängig sind. 

Ausschuss für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (CESCR)

Anfangs durch die ECOSOC geprüfte Staatenberichte, dann über CESCR (Ausschuss zur Überwachung der Rechte des Sozialpaktes). Mitglieder des Ausschusses werden durch die 54 Mitglieder der ECOSOC gewählt und treffen sich zweimal jährlich für drei Wochen. So handelt es sich eher um ein Charta-basiertes Nebenorgan. Einziges Kontrollmedium sind die Staatenberichte. Dabei werden vorab die Berichte durch 5 Experten und NGOs analysiert und eine Fragenliste erstellt, welche der jeweiligen Staaten binnen 6 Monate beantworten muss, bevor die Berichte mündlich von der Staatendelegation präsentiert werden und danach nach einer geheimen Beratungsphase veröffentlich werten. Es handelt sich dabei um ein sehr schwaches Gremium, da eine große Abhängigkeit zu der Ehrlichkeit der einzelnen Staatenberichten erfolgt und die Teilhaberechte des Paktes schwer justiziabel sind. 

Ausschuss für Rassendiskriminierung (CERD)

Dieser Ausschuss (Gründung 1970) besteht aus 18 Mitgliedern, die wie die anderen Ausschüsse durch eine geheime Wahl auf vier Jahre Amtszeit benannt werden. Für die Unterstützung der Arbeit ist die UNHCHR zuständig. Als Kontrollfunktion sind Staatenberichte, Staatenbeschwerden und Individualbeschwerden zulässig. Wie in den anderen Ausschüssen auch liegt die Hauptarbeit in der Prüfung der Berichte. Die Öffentliches Diskussionen der Berichte findet in einer Art Forum statt, wo sich die jeweiligen Regierungen der Staaten zudem ihre Sichtweise darlegen können. Seit 1993 ist es dem Ausschuss zudem möglich eine Frühwarnung, Gestalt von Notfallmaßnahmen oder öffentliche Verfahren gegen Staaten anzuführen, in welchen sich massive Diskriminierungen aus rassistischen Gründen abzeichnen. 

Ausschuss zur Beseitigung der Diskriminierung von Frauen (CEDAW)

Dieser Ausschuss (Gründung 1981) besteht aus 23 unabhängigen Experten, die zu bekannten Maßnahmen gewählt werden. Als Hauptinstrument gelten die Staatenberichte, wobei seitdem Jahre 2000 auch Individualbeschwerden zulässig sind. Obwohl bereits viel Fortschritte und Entwicklungen auf der Grundlage der Berichte und Empfehlungen getätigt wurden, werden diese Empfehlungen vielerorts abgelehnt und verweigert mit der Begründung der kulturellen Besonderheiten oder dem Gewohnheitsrecht. Zudem leidet die CEDAW unter Zeitmangel da nur ein jährliches Treff von zwei Wochen vorgesehen wurde. Eine vorläufige Maßnahme ist nun ein die Verlängerung der Treffen auf dreimal drei Wochen mit jeweiliger einwöchiger Arbeitsgruppentreffen. Erschwert wird die Arbeit der CEDAW immer noch durch die gesellschaftliche Rolle der Frau in Staat und Familie. 

Anti-Folter-Ausschuss (CAT)

Dieser Ausschuss besteht aus zehn Experten, welche durch die Staaten gewählt werden. Als Hauptinstrument liegen wie bei den anderen Gremien auch die Staatenberichtsverfahren, Staatenbeschwerde und Individualbeschwerden vor. Zudem kann der Ausschuss bei „zuverlässigen Informationen“ z.B. durch NGOs kann das CAT in den Staaten Hinweise prüfen. Seit einiger Zeit wird auch an einem Fakultativprotokoll gearbeitet, welches Kontrollbesuche in Haftanstalten ermöglichen soll. Grund dafür gibt z.B. das Gefangenenlager Guantanamo Bay auf Kuba. 

Kinderrechtsauschuss (CRC)

Dieser Ausschuss besteht aus zehn Experten, die wiederum von Staaten gewählt werden. Die einzige Möglichkeit zur Überwachung der Staaten ist durch die Staatenberichte möglich. Durch zwei Fakultativprotokolle (2002) wurden weitere Rechte und eine Berichtspflicht gegenüber der CRC eingeführt. Auch können weitere Berichte angefordert werden, um wenigstens ansatzweise ein eigenes Untersuchungsrecht einzuführen. Im Jahre 2011 wurde ein weiteres Zusatzprotokoll zur Einführung der Individualbeschwerde eingeführt. Diese ist noch nicht in Kraft getreten.

Kommentar: Das Zusatzprotokoll der Individualbeschwerde ist am 14.04.2014 in Kraft getreten. 

Ausschuss für die Rechte von Personen mit Behinderungen

Das Committee on the Convention on the Rights of Persons with Disabilities (CRPD) wurde im Oktober 2008 durch die Vertragsparteien mit der Wahl zwölf unabhängigen Experten ins Leben gerufen. Es gibt 18 Ausschuss- Mitglieder. Die Amtszeit beträgt 4 Jahre mit der Möglichkeit einer einmaligen Wiederwahl. Die wichtigste Informationsquelle sind die obligatorischen Staatsberichte, welche die Vertragsstaaten vorlegen müssen. Der Ausschuss prüft diese Berichte und gibt diese mit Vorschlägen und Bemerkungen an den Staat zurück. Seit 2008 können Einzelpersonen sich mit Beschwerden an den Ausschuss wenden. Ausschuss zum Schutz aller Personen vor dem Verschwindenlassen: Die Vertragsstaaten der International Convention for the Protection of All Persons from Enforced Disappearance (CED) traten 2011 erstmals zusammen, um den zehnköpfigen Ausschuss zur Überwachung von Implementierung und Einhaltung ihres Übereinkommens zu bestimmen. Der Ausschuss kann vom betroffenen Staat Informationen einfordern bzw. Empfehlungen abgeben und Maßnahmen zur Auffindung und zum Schutz der verschwundenen Person vorschlagen. Der Ausschuss kann nach Artikel 33 Besuche in einem Vertragsstaat durchführen, wenn er zuverlässige Informationen erhält, dass dieser die Bestimmungen der Konventionen verletzt, bedürfen derartige Besuche zuvor der Konsultation und der Zustimmung der Vertragspartei. Das CED ist ein starkes Überwachungsorgan Menschenrechtschutz durch VN-Organe:

Die rechtliche Bindungswirkung als entscheidender Vorteil der Menschenrechtsverträge bleibt auf die Staaten beschränkt, die sich den entsprechenden Verträgen auch unterworfen haben. Die Vereinten Nationen erweitern ihre monitoring- Kompetenzen gegenüber den Mitgliedstaaten. Der politische Charakter des Menschenrechtsschutzes durch VN- Organe wird dadurch unterstrichen, dass deren Arbeit meist durch weisungsgebundene Regierungsvertreter geleistet wird, statt durch unabhängige Experten wie in den Vertragsausschüssen. 

Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen

Die Schaffung eines Menschenrechtsrates als Nebenorgan der Generalversammlung wurde auf dem Weltgipfel 2005 durch die dort versammelten Staats- und Regierungschefs beschlossen. VN-Generalsekretär Kofi Annan beklagte in seinem zur Vorbereitung des Reformgipfels 2005 abgegebenen Berichts „In größerer Freiheit“: Die Fähigkeit der Kommission zur Wahrnehmung ihrer Aufgabenwird jedoch durch schwindende Glaubwürdigkeit und abnehmender Professionalität immer stärker untergraben. Insbesondere haben sich Staaten mit der Absicht um die Mitgliedschaft in der Kommission beworben, nicht etwa die Menschenrechte zu stärken, sondern sich vor Kritik zu schützen oder an Anderen Kritik zu üben. Somit ist ein Glaubwürdigkeitsdefizit entstanden, das den Ruf des Systems der Vereinten Nationen insgesamt überschattet“ (Annan 2005: Ziff.182). Annan schlug somit einen Menschenrechtsrat vor: Der Rat besteht aus 47 Mitgliedsstaaten. Wählbar sind alle Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen. 

Verfahren und Instrumente des Menschenrechtsrats
  • Universal Periodic Review (UPR) 
  • Sonderverfahren 
  • Beratender Ausschuss 
  • Beschwerdeverfahren
Das positive an den Regelungen der OHCHR sind, dass sie sich für die Verbesserung der weltweiten Menschenrechtssituation engagiert. Außerdem ist die OHSHR gleichzeitig auch das Sekretariat für die Überwachsungsausschüsse. Des Weiteren arbeitet die Organisation verschärft daran, Menschenrechtsprobleme aufzudecken. Außerdem liegt die Arbeit der OHCHR hauptsächlich auf der Prävention. Das geht mit Diplomatie und der Zusammenarbeit der Regierung einher. Ein weiterer positiver Aspekt ist, dass sie sich auf den Schutz des Individuums geeinigt haben und verfolgt das Ziel vom Frieden. Durch die Medien wurde verständlicherweise weltweit über Menschenrechtsverletzungen berichtet. Daher griff der Sicherheitsrat in Menschenrechtsverletzungen ein (mithilfe von militärischer Gewalt), was man ebenso als negativ betrachten kann. Außerdem gibt es nach wie vor VETO-Mächte, die ständige Mitglieder des Sicherheitsrats sind und ihre eigenen wirtschaftlichen Interessen verfolgen. 

Internationale Schutzverantwortung (Responsibility to Protect)

ICISS (International Commission on Intervention and State Sovereignity) legte im Dezember 2001 den Bericht `The responsibility to protect ` vor. Der Bericht beinhaltet 3 Säulen:
  • Internationale Schutzverantwortung, Schutz der Bürger vor gravierenden Menschenrechtsverletzungen (responsibility to protect) 
  • gewaltfreie wirtschaftliche oder politische Sanktionen, Anwendung militärischer Gewalt im Falle besonders schwerer Menschenrechtsverletzungen (responsibility to react) 
  • Verantwortung für die Friedenskonsolidierung (responsibility to rebuild)

Ein Eingreifen ist gerechtfertigt in Fallen größter Verluste von Menschenleben mit oder ohne genozidaler Absicht/ethnischen Säuberungen. Bei einem Eingreifen der internationalen Gemeinschaft sind sechs Kriterien wichtig:
  • der gerechte Grund 
  • die rechte Absicht 
  • der letzte Ausweg 
  • die Verhältnismäßigkeit der Mittel 
  • die Geeignetheit der Intervention im Hinblick auf ihre Erfolgsaussicht 
  • durch die richtige Autorität

Internationale Strafgerichtsbarkeit

Die Bemühungen der Vereinten Nationen um die Kodifizierung internationaler Strafnormen ist lange erfolglos geblieben wegen dew Ost-West-Gegensatzes und wenig Bereitschaft der Regierungen, ihr politisches Handeln nach internationalen Strafnormen be- und verurteilen lassen. Nach einigen Versuchen hat die ILC (International Law Commission) im Jahr 1996 einen Strafrechtskodex für internationale Verbrechen vorgelegt.

Der Kommentar von Magnus Wiedemann zur Anti-Folter-Konvention ist auch sehr empfehlenswert.

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