Deutschland und die Vereinten Nationen

In diesem Beitrag stellt Tanja Achtelik folgenden Text vor:

Knapp, Manfred (2007): Vereinte Nationen; in: Schmidt, S. / Hellmann, G. / Wolf, R. (Hrsg.): Handbuch zur deutschen Außenpolitik, VS Verlag für Sozialwissenschaften, https://doi.org/10.1007/978-3-531-90250-0_57.

Knapp skizziert im „Handbuch zur deutschen Außenpolitik“ ein Kurzporträt der Vereinten Nationen und befasst sich mit den „Entwicklungsphasen der Beziehungen Deutschlands zu den Vereinten Nationen“.

Die Vereinten Nationen sind der zweite Versuch der Gründung einer Organisation, welche dem Zweck dient, den Weltfrieden zu bewahren. Das Scheitern des Völkerbundes und die ‚Anti-Hitler-Koalition‘ brachten die Notwendigkeit eines „umfassenden und dauerhaften Systems der allgemeinen Sicherheit“ (S. 727) auf.

Nach Kriegsende wollten die drei Großmächte mit China die Hauptverantwortung für eine Friedenssicherung übernehmen. 1944 wurde ein Satzungsentwurf in Washington ausgearbeitet, strittig war jedoch das Abstimmungsverfahren im Sicherheitsrat, für das „erst auf der Konferenz von Jalta (Februar 1945) von den Großen Drei (Roosevelt, Churchill, Stalin) eine Lösung zugunsten der bevorrechtigten (Veto-)Stellung der (mit der Einbeziehung Frankreichs) fünf ständigen Sicherheitsratsmitglieder gefunden wurde.“ (S. 727)

In San Francisco wurde 1945 von 50 Gründungsstaaten die Charta, der Gründungsvertrag, unterschrieben. Die Charta beinhaltet in Art. 1 Ziele. Als Hauptziel wird die Wahrung der internationalen Sicherheit und des Weltfriedens gesehen. In Art. 2 werden Zwecke ausgeführt, wie das Gewaltverbot. „Die VN verpflichten sich ferner, eine umfassende internationale Zusammenarbeit herbeizuführen, um internationale Probleme wirtschaftlicher, sozialer, kultureller und humanitärer Art zu lösen und die Achtung vor den Menschenrechten und Grundfreiheiten für alle [...] zu fördern und zu festigen‘“ (S. 728)

Die Beziehung Deutschlands zu den Vereinten Nationen stand seit der Entstehungsgeschichte ‚in einem besonderen Verhältnis‘, denn die aggressive Politik des Dritten Reiches löste die Notwendigkeit eines Bündnisses für den Frieden aus. Die Position als ehemaliger Kriegsgegner oder auch ‚Feindstaat‘ sowie der Ost-West-Konflikt und die damit einhergehende Teilung Deutschlands machte eine Mitgliedschaft in den Vereinten Nationen bis in das Jahr 1973 unmöglich.

„In der Entwicklung der Beziehungen Deutschlands zu den VN sind drei Phasen zu unterscheiden: erstens die Phase der Quasi-Mitgliedschaft der früheren Bundesrepublik und der vereitelten Beitrittsbemühungen der DDR, zweitens die Jahre der deutschen Doppelmitgliedschaft 1973-1990 und drittens die Zeit der Mitgliedschaft des vereinten Deutschland seit der Wiedervereinigung am 3. Oktober 1990.“ (S. 729)

Die erste Phase war nach Knapp mit der Problematik verbunden, dass mit der Mitgliedschaft der Bundesrepublik in den VN auch die DDR beigetreten wäre. Dies wäre eine „Anerkennung der deutschen Zweistaatlichkeit“ sowie eine „internationale Aufwertung des SED-Staates“ (S. 730), welches die Bonner Regierung nicht hinnehmen wollte. So bemühte sich die Bundesrepublik um eine „kooperative Beziehung“, war seit 1952 im Hauptsitz der VN „durch eine ‚Ständige Beobachtermission‘ vertreten“ und finanzierte außerdem einige VN-Einrichtungen, weswegen „man im Falle der Bundesrepublik von einer Quasi-Mitgliedschaft sprechen konnte.“ (S. 730)

Die zweite Phase brachte einen Wandel zwischen der neugebildeten Bundesregierung unter Willy Brandt und dem DDR-Minister Stoph. Diese einigten sich auf einen Vertrag „um ihre Mitgliedschaft und Mitarbeit in internationalen Organisationen zu regeln“. „Nach Abschluss des deutsch-deutschen Grundlagenvertrags (in Kraft getreten am 21. Juni 1973) waren die Voraussetzungen erfüllt, so dass die Bundesrepublik und die DDR am 18. September 1973 von der 28. VN-Generalversammlung gleichzeitig als Mitglieder in die Vereinten Nationen aufgenommen werden konnten.“ (S. 731) Der zeitgleiche Eintritt beider Staaten brachte Entspannung in die Ost-West-Beziehung und brachte der DDR die internationale Anerkennung, nach der sie lange gestrebt hatte.

Die dritte Phase beginnt mit der Wiedervereinigung Deutschlands am 03.10.1990 und dem damit verbundenen Ende der separaten Mitgliedschaft. Der damalige Bundesaußenminister Genscher ließ dem Generalsekretär mitteilen, dass man sich auf einen souveränen Staat vereinigt, welcher nun als „Deutschland“ in den Vereinten Nationen auftreten werde.

„Bundeskanzler Helmut Kohl erklärte am Tage der Wiedervereinigung: ‚Dem vereinten Deutschland wächst eine größere Verantwortung in der Völkergemeinschaft zu, nicht zuletzt für die Wahrung des Weltfriedens. Wir werden dieser Verantwortung sowohl im Rahmen der Vereinten Nationen, der Europäischen Gemeinschaft und der Atlantischen Allianz als auch in unserem Verhältnis zu einzelnen Ländern gerecht werden.‘“ (S. 733)

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