Unterrichtsmaterial zum Thema Menschenrechte am Beispiel von Martin Luther King

Thematischer Überblick

Bereits im Jahr 1619 wurden die ersten afrikanischen Sklaven nach Nordamerika gebracht, um dort größtenteils als Arbeitskräfte auf den Plantagen im Süden der USA missbraucht zu werden. Von Beginn an herrschte eine soziale Ungleichheit zwischen der schwarzen und der weißen Gesellschaft, die Schwarze als minderwertig ansah und unterdrückte (vgl. Grosse 2018, S. 17). Trotz der Abschaffung der Sklaverei 1865 besaß die schwarze Bevölkerung nicht die gleichen Rechte wie ihre weißen Mitbürger. Rassentrennung in allen öffentlichen Einrichtungen war eine allseits hingenommene Tatsache. Beispielhaft für die Diskriminierung der Schwarzen war, dass diese ihre Plätze freimachen mussten, wenn die Sitze für Weiße nicht ausreichten (vgl. ebd.).

Einen wichtigen Beitrag zur Verbesserung der Situation der schwarzen Bevölkerung spielte der im Jahr 1929 geborene Pastor und Bürgerrechtsaktivist Martin Luther King. Zur Berühmtheit gelangte er durch seine tragende Rolle als Wortführer beim Montgomery Bus Boykott (vgl. Ward/Badger 1996, S. 56). Im Gegensatz zu anderen Bürgerrechtsaktivisten sah King selbst bei gewalttätigen Aktionen der Gegenseite (auch gegen ihn selbst) bei seinem Kampf um Gerechtigkeit von Gewalt ab (oV., o.Jg. „Martin Luther King, Jr.- Bürgerrechtler“). Stattdessen versuchte er, mit gewaltfreien Mitteln wie Demonstrationen, Sit-ins, Gebetswachen und Geschäftsboykotten seine Ziele zu erreichen.

Durch diese Aktionen hoffte King, den Gegner in einen politischen Lernprozess einzubeziehen. Immer wieder betonte er, Gewaltfreiheit solle die Befreiung der Unterdrückten wie der Unterdrücker bewirken (vgl. Grosse 2018, S. 21). Durch seine Reden schaffte er es, die Menschen zu faszinieren und immer mehr für seinen gewaltlosen Kampf gegen Ungerechtigkeit und Diskriminierung zu gewinnen (vgl. ebd., S. 19).

Seine berühmteste Rede mit dem Titel „I have a dream“ hielt er im Jahr 1963 in Washington D.C. vor über 200.000 Menschen. Im Jahre 1964 wurde ihm der Friedensnobelpreis für seinen gewaltlosen Kampf gegen Rassismus und die Ungleichbehandlung von Schwarzen verliehen (vgl. ebd.). Nur fünf Jahr später wurde Martin Luther King in Memphis erschossen (vgl. Schulke 1995, S. 160). Der Geburtstag Kings wurde zum Gedenken an seine herausragenden Leistungen im Kampf gegen Rassismus und Diskriminierung offiziell zum Feiertag erklärt (vgl. ebd.).

Bildungsplanrelevanz

Im Bildungsplan für die Sekundarstufe I in Baden-Württemberg 2016 ist die Thematik „Menschenrechte am Beispiel Martin Luther King“ unter der Überschrift „Internationale Beziehungen“, genauer unter dem Punkt „Frieden und Menschenrechte“ zu verorten. In der Zielformulierung zu dieser Lehrplaneinheit heißt es zunächst:

„Die Schülerinnen und Schüler können Antworten auf die Fragen finden, wie die Menschenrechte international geschützt werden können und wie Frieden bewahrt, geschaffen und gesichert werden kann […]“.

Sie können „an vorgegebenen Fallbeispielen die Einhaltung von Menschenrechten mithilfe von Auszügen der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte überprüfen“ (vgl. Ministerium für Kultus, Jugend und Sport 2016).

Schon im Leitgedanken zum Kompetenzerwerb des Faches Gemeinschaftskunde ist die Urteilskompetenz der SchülerInnen verankert. Die SchülerInnen können „unter Berücksichtigung unterschiedlicher Perspektiven eigenständig Urteile kriterienorientiert formulieren (zum Beispiel […], Gerechtigkeit […]) und dabei die zugrunde gelegten Wertvorstellungen offenlegen“ (vgl. Ministerium für Kultus, Jugend und Sport 2016).

Exemplarität

Das Thema der Stunden „Menschenrechte am Beispiel Martin Luther King“ veranschaulicht Inhalte und Themen vieler Menschenrechtsverfechter. Martin Luther King steht hierbei exemplarisch für verschiedene Vertreter und Kämpfer für die Menschenrechte. Wenn die SchülerInnen sich mit Martin Luther King auseinandersetzen und sein Handeln verstehen, dann haben sie auch für andere Verfechter für Menschenrechte ein tieferes Verständnis erlangt (vgl. Grosse 2018, S. 34).

Die Erinnerung an Martin Luther King kann uns auch heute noch als Ermutigung dienen. Eine zentrale Rolle spielt dabei der gewaltfreie Widerstand gegen jegliches Unrecht und dessen transformative Wirkung auf die Gesellschaft. Kings Reden und Handeln wurden durch das Mitgefühl mit den Unterdrückten und Benachteiligten sowie durch Feindesliebe und Gewaltfreiheit bestimmt (vgl. ebd., S. 35). Wichtig war ihm hierbei, einen Lernprozess auf beiden Seiten anzustoßen, an dessen Ende die Versöhnung stehen sollte.

Martin Luther King gilt daher als besonders exemplarisches Vorbild, da sein friedlicher Kampf für die Menschenrechte durch Liebe, Gerechtigkeit, Versöhnung und Vergebung sowie einer Absage an Hass und Gewalt gegenüber Mitstreitern und Gegnern geprägt war (vgl. ebd.). Sein Leben und Wirken symbolisieren das Streben nach Gleichheit, welche das Herzstück des amerikanischen Traums und die Basis der Menschenrechte darstellt. 

Gegenwarts- und Zukunftsbedeutung

Die Bedeutung von Martin Luther King für die Menschenrechte findet vor allem in der Sensibilisierung für die Zusammenhänge von Rassismus, Armut und Krieg Ausdruck. Damit zeigt sich der Rassismus als nicht nur rein amerikanisches Phänomen, sondern ohne geografische Grenzen, welches sich auch in der Lebenswelt der SchülerInnen wiederfinden kann (vgl. Grosse 2018, S. 36).

Kings Verteidigung der Würde der Armen und sein Kampf für mehr soziale Gerechtigkeit kann im heutigen Kontext als Kritik an der immer größer werdenden Kluft zwischen Arm und Reich gesehen und verstanden werden (vgl. ebd.).

Dabei plädierte King stets für Gewaltfreiheit in allen Bereichen menschlicher Auseinandersetzung und für die öffentliche Hinterfragung jeglicher gewaltsamen Konfrontation. Kings Überzeugungen sind vor allem durch aktuelle nationale, ethnische und religiöse Konflikte bedeutungsvoller denn je. Sein Kampf für die Menschenrechte soll uns dazu ermutigen, in den Konflikten der Gegenwart und Zukunft Mut, Unangepasstheit und Zivilcourage zu zeigen (vgl. ebd., S. 37).

Ziel der Stunden ist es, dass die SchülerInnen die Bedeutung Martin Luther Kings für die Menschrechte benennen können. Zudem sollen sie für ein grundlegendes Verständnis der Menschenrechtslage sensibilisiert werden und diese in Kontext zur Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte setzen. 

Ablauf

1. Stunde:
  • Menschenrechtslage der Schwarzen in den USA in den 1960er Jahren
  • Methoden von Martin Luther King
2. Stunde:
  • Menschenrechte am Beispiel von Martin Luther King Rede „I have a dream“
  • Artikel 1 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte 

Beschreibung 1. Stunde

Die erste Stunde soll zunächst den historischen Kontext sowie die Person Martin Luther King näher erklären. Dies soll als eine Einführung in die grundlegende Thematik der Menschenrechte dienen. Zu Beginn der Stunde wird von der Lehrkraft ein Rollenspiel initiiert. Die SchülerInnen werden in Kleingruppen von vier Personen eingeteilt und erhalten jeweils entsprechende Rollenkarten. Nach einer Einübungsphase spielen zwei Gruppen die beiden Szenen vor der Klasse vor.

In der ersten Szene wird eine schwarze Person aufgrund ihrer Hautfarbe aus einem Café verwiesen. Die zweite Szene handelt von einem schwarzen Mädchen, welches seinen Platz in einem Bus für eine weiße Person räumen muss. Der Rest der Klasse beschreibt die geschilderten Situationen und nennt Gemeinsamkeiten der beiden Szenen.

Die Rollenspiele sollen dazu dienen, ein realistisches Bild der damals vorherrschenden Lebenssituation der Schwarzen zu zeichnen. Die Lehrkraft erklärt der Klasse, dass solche Situationen für die afroamerikanische Bevölkerung alltäglich waren. Dies dient dabei als Überleitung zur ersten Arbeitsphase, in welcher sich die SchülerInnen in der Folge mit der Rassenproblematik der damaligen Zeit auseinandersetzen.

Nachdem die Schüler die Thematik der Rassentrennung identifiziert und durch die Rollenspiele einen ersten Eindruck gewonnen haben, teilt die Lehrkraft das Arbeitsblatt 1 (USA in den 1960ern – Menschenrechte für alle?) aus. Das Arbeitsblatt soll einen Überblick über die Menschenrechtslage der afroamerikanischen Bevölkerung in den USA Anfang der 1960er Jahre verschaffen.

Eingeleitet wird hierbei mit einer Referenz an die amerikanische Unabhängigkeitserklärung. Diese besagt, dass „alle Menschen gleich geschaffen und mit unveräußerlichen Rechten ausgestattet sind, zu welchen Leben, Freiheit und das Streben nach Glück gehören“. Dabei soll der Kontrast zwischen dem niedergeschriebenen Wertekanon der Unabhängigkeitserklärung und der tatsächlichen Menschenrechtslage der Schwarzen verdeutlicht werden.

Anschließend sollen die Schüler sich mit einem Text zur Situation der Afroamerikaner auseinandersetzen. Dabei werden unterschiedliche rassistische Praktiken, wie beispielsweise die Trennung nach Hautfarbe in öffentlichen Räumen, behandelt. Zudem wird der in den 1960er Jahren geltende Rechtsgrundsatz „seperate but equal“ näher beleuchtet, nach welchem die Menschen zwar getrennt, aber dennoch formal als gleich angesehen wurden.

Aufbauend auf diesem Rechtsgrundsatz wird ein Zitat aus John F. Kennedys Rede vom 11. Juni 1963 verwendet, um die Situation der afroamerikanischen Bevölkerung zu verdeutlichen. Hierbei soll den Schülerinnen und Schülern verständlich gemacht werden, welch negativen Einfluss der Rassismus und die Rassentrennung auf die Schwarzen und deren Kinder hatte. Nach der Lesephase sollen die SchülerInnen die aus dem Text hervorgehenden Chancen und Möglichkeiten der afroamerikanischen Kinder beschreiben und diese stichwortartig notieren.

Als zweite Aufgabe sollen die Schüler die Menschenrechtssituation der Afroamerikaner in den USA in den 1960er Jahren beurteilen und in eigenen Worten wiedergeben. Der Fokus der Diskussion liegt dabei auf den Menschenrechtsverletzungen und den Benachteiligungen der Schwarzen. Die Lösungen für Aufgabe 1 und 2 werden dann im Anschluss im Plenum besprochen.

Die begonnene Diskussion bezüglich der Menschenrechtsverletzungen aus Aufgabe 2 kann hierbei als Überleitung zur Person Martin Luther King genutzt werden. Dies kann als offene Frage („Kennt ihr jemanden, der für die Menschenrechte eingetreten ist?“) gestaltet werden. Nachdem die SchülerInnen auf Martin Luther King gekommen sind, leitet die Lehrkraft zum Arbeitsblatt 2 über, welches sich mit Martin Luther Kings Kampf für die Menschenrechte auseinandersetzt.

Im einleitenden Text des Arbeitsblatts wird die Menschenrechtslage der afroamerikanischen Bevölkerung zusammengefasst. In diesem Zusammenhang wird Martin Luther King aufgrund seines Verdienstes für die Menschenrechte besonders herausgestellt. Der zu bearbeitende Textteil handelt folglich von Martin Luther Kings Methoden. Besonders hervorgehoben werden dabei die von Martin Luther King praktizierten gewaltfreien Methoden wie Proteste, Boykotts und Streiks sowie seine berühmte Rede in Washington D.C. am 28. August 1963.

Die SchülerInnen sollen als Aufgabe die Methoden beschreiben, mit deren Hilfe Martin Luther King seinen Vorstellungen Nachdruck verlieh. Die Antworten werden dann anschließend im Plenum besprochen. Dies soll als Grundlage für die 2. Stunde dienen, in welcher Martin Luther Kings Rede sowie dessen Ziele im Mittelpunkt stehen sollen.

2. Stunde: Menschenrechte am Beispiel von Martin Luther Kings Rede „I have a dream“

Diese Unterrichtstunde knüpft thematisch an das vorherige Stundenthema der Menschenrechtslage der Schwarzen in den USA in den 1960er sowie den Methoden von Martin Luther King an. Ziel dieser Stunde ist es, dass durch die Analyse der Rede „I have a dream“ ein Zusammenhang zu Artikel 1 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte hergestellt und ein Grundverständnis der Menschenrechtsthematik herausgebildet wird.

Zu Beginn der Stunde spielt die Lehrkraft das Lied „One Day“ von Bakermat ab. Dies soll als Rückgriff zur letzten Stunde dienen, da die SchülerInnen bereits Martin Luther King als Kämpfer für die Menschenrechte kennengelernt haben. Der Arbeitshinweis zielt zunächst auf die im Musikvideo verwendeten Sequenzen von Martin Luther King ab, welche die SchülerInnen identifizieren sollen.

Die Lehrkraft erfragt, ob die SchülerInnen wissen, um wem es sich handelt und ob ihnen die Rede, welche in der vorherigen Stunde noch nicht behandelt wurde, bekannt vorkommt. Alternativ kann noch ein Ausschnitt der Rede mit deutschen Untertiteln gezeigt werden, um ein eine grundsätzliche Vorstellung der Rede zu erzeugen.

Die Klasse wird im Anschluss in vier Gruppen eingeteilt und jeder Schüler/jede Schülerin erhält das Arbeitsblatt 3 zur Bearbeitung. Die SchülerInnen sollen zunächst pro Gruppe (vier insgesamt) jeweils einen Ausschnitt von Martin Luther Kings Rede lesen und im Anschluss die Aufgaben 1 und 2 bearbeiten.

Aufgabe 1 zielt auf das Leseverständnis der Schüler ab: Sie sollen herausfinden, was Martin Luther Kings Traum war und dabei die entsprechenden Textabschnitte identifizieren. Während der Lesephase teilt die Lehrkraft Blanco-Kärtchen aus. Diese sollen für Aufgabe 2 verwendet werden. Hierbei sollen die Schüler ihre Antworten in ihren eigenen Worten auf die Kärtchen schreiben und diese später vor der Klasse mündlich wiedergeben.

Die Lehrkraft präsentiert nach der Erarbeitungsphase das vorgefertigte Tafelbild (Tafelbild 1). Nach den Kurzpräsentationen hängen die SchülerInnen ihre jeweiligen Antworten in die vorgesehenen Kästchen. Anschließend übertragen die SuS das Tafelbild. Hierbei kann die Vorlage des Tafelbilds 1 blanco ausgeteilt werden oder die Schüler übertragen es direkt in ihr Arbeitsheft oder auf ein Arbeitsblatt.

Nach der Sicherungsphase enthüllt die Lehrkraft das noch leere mittlere Kästchen als Artikel 1 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte, allerdings ohne den entsprechenden Text. Die Schüler sollen dann im Plenum anhand der erarbeiteten Ausschnitte erörtern, was Artikel 1 besagen und beinhalten könnte. Anschließend hängt die Lehrkraft den vollständigen Artikel 1 der Menschenrechte im freien Kästchen in der Mitte des Tafelbilds.

Während die SchülerInnen ihre Arbeitsblätter vervollständigen, wird das Arbeitsblatt 4 zur Erläuterung ausgeteilt, auf welchem der Inhalt des Artikel 1 verständlich zusammengefasst wird. Der Text wird zur Sicherung gemeinsam mit der Klasse gelesen und noch offene Fragen mit der Klasse besprochen.

Auf die Unterrichtseinheit kann thematisch vielfältig aufgebaut werden: Möglich wäre, einen aktuellen Kontext zu der Menschenrechtssituation der afroamerikanischen Bevölkerung herzustellen. Ein aktuelles Bespiel wäre dafür der Football-Spieler Colin Kapernick, welcher durch seinen stillen Protest („Taking a knee“) gegen Rassismus und Polizeibrutalität demonstrierte. Eine weitere Möglichkeit zur Fortführung der Unterrichtseinheit wäre die Fokussierung auf weitere Artikel der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte, aufbauend auf dem in der vorherigen Stunde eingeführten Artikel 1.

Unterrichtsmaterial 
Material zur thematischen Erweiterung 
Literatur

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