Menschenrechtsbildung am Beispiel von Greta Thunberg

Klimawandel und Menschenrechte: Wie hängt das eigentlich zusammen?

Wenn wir über Menschenrechte sprechen, dann kommen uns zuerst die Worte Freiheit, Gleichheit, universell, unveräußerlich und unteilbar in den Sinn. Jedoch wird in diesem Zusammenhang selten von der globalen Erwärmung gesprochen. Der Klimawandel hat gleichwohl gravierende Auswirkungen auf unsere menschenrechtlichen Freiheitsvoraussetzungen.

Die Menschenrechte stellen staatliche Schutzpflichten dar. Sie enthalten verbindliche Standards für Reduktions- und Anpassungsmaßnahmen. Hierzu zählt unter anderem auch die Handlungspflicht, CO2-Emissionen zu reduzieren, um resultierende Gefahren für Mensch und Umwelt weltweit abzuwenden. Speziell das Umweltrecht greift auch in unterschiedliche Bereiche des Völkerrechts ein. Umwelt- und Menschenrechtsprinzipien haben also viele Synergien, trotzdem weisen die Klimarahmenkonvention und das Kyoto-Protokoll keinen Bezug zu den Menschenrechten auf.

Die negativen Folgen des Klimawandels betreffen zahlreiche Menschenrechte, die nur mithilfe einer intakten Umwelt wahrgenommen werden können. Staaten sind aus menschenrechtlicher und aus klimapolitischer Perspektive dazu verpflichtet, den Klimawandel zu stoppen und seine Auswirkungen abzumindern. Der Klimaschutz ist indirekt in den Menschenrechten verankert. Diese Menschenrechte umfassen unter anderem die Rechte auf Leben, Bildung, Nahrung, Wasser, Wohnung und Gesundheit. In vielen Ländern sind diese schon heute aufgrund der globalen Erwärmung bedroht.

Das Recht auf Gesundheit ist beispielsweise in Artikel 25 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte sowie in Artikel 12 des UN-Sozialpakts festgeschrieben. Gesundheit ist nach Definition der Weltgesundheitsorganisation (WHO) mehr als die Abwesenheit von Krankheit und gesundheitlichen Beschwerden: Gesundheit ist das umfassende körperliche, psychische und soziale Wohlbefinden eines Menschen.

Dieses Wohlbefinden setzt Zugang zu sauberem Wasser, zu Nahrung und zu medizinischer Versorgung voraus. Obwohl Gesundheit ein Menschenrecht ist, haben weltweit viele Millionen Menschen immer noch keinen Zugang zu adäquater Gesundheitsversorgung und sterben an behandelbaren Krankheiten. Verschärft wird diese Situation durch den mangelnden Zugang zu Bildung und somit das Fehlen gesundheitlicher Aufklärung zur Prävention von Erkrankungen.

Artikel 25 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte besagt, dass jeder Mensch Anspruch auf eine Lebenshaltung hat, die seine und seiner Familie Gesundheit und Wohlbefinden, einschließlich Nahrung, Kleidung, Wohnung, ärztlicher Versorgung und der notwendigen Leistungen der sozialen Fürsorge gewährleistet.

Artikel 12 des Internationalen Paktes über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte sieht vor, dass die Vertragsstaaten das Recht eines jeden auf das für ihn erreichbare Höchstmaß an körperlicher und geistiger Gesundheit anerkennen. Die von den Vertragsstaaten zu unternehmenden Schritte zur vollen Verwirklichung dieses Rechts umfassen unter anderem die erforderlichen Maßnahmen zur Verbesserung aller Aspekte der Umwelt- und der Arbeitshygiene; zur Vorbeugung, Behandlung und Bekämpfung epidemischer, endemischer Berufs- und sonstiger Krankheiten; zur Schaffung der Voraussetzungen, die für jedermann im Krankheitsfall den Genuss medizinischer Einrichtungen und ärztlicher Betreuung sicherstellen.

„Menschenrechte dürfen nicht nur auf dem Papier bestehen, sie müssen in Staat, Wirtschaft und Gesellschaft auch geachtet und gelebt, eingefordert und – wenn nötig – auch verteidigt werden. Sie können ihre Wirkung aber nur dann entfalten, wenn jeder sie kennt und ihre Tragweite ermessen kann. Deshalb ist das Wissen um Inhalt und Bedeutung der historisch errungenen Menschenrechte und die Vermittlung dieses Wissens so wichtig.“ (Heiko Maas)

Diese Sätze vom (damaligen) Bundesminister der Justiz und für Verbraucherschutz sollen Schulen ermutigen, das Thema Menschenrechte im Unterricht aufzugreifen. Die Menschenrechtsbildung ist in den Schulgesetzen der Länder verankert und in die Lehrpläne integriert.

Es geht hierbei um mehr als Wissensvermittlung. Menschenrechtsbildung muss die Schülerinnen und Schüler dazu ermutigen, die Menschenrechte als ihr eigenes Recht und Anliegen zu begreifen und ihre Umsetzung einzufordern. In den Nachrichten erfahren wir Tag für Tag die globale Dimension der Menschenrechte, wenn es um Menschenrechtsverletzungen weltweit geht. Dabei sind Menschenrechtsverletzungen auch in Deutschland Alltag.

Des weiteren ist im Bildungsplan von 2016 die Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) als Leitperspektive fest verankert. Hierbei sollen die Lernenden befähigt werden, verantwortungsbewusst zum Schutz der Umwelt und für eine gerechte Weltgesellschaft zu handeln.

Wenn über den Klimawandel diskutiert wird, dann werden die dramatischen Folgen für Mensch und Umwelt häufig nur kurz erwähnt. Zwei Themen stehen meist im Vordergrund: Erstens die Minderung von klimaschädlichen Emissionen, vor allem durch die Förderung erneuerbarer Energien. Und zweitens die Anpassung an die Folgen des Klimawandels, zum Beispiel durch Hochwasserschutzsysteme, neue landwirtschaftliche Anbaustrategien oder ein besseres Management der Wasserressourcen.

Die dramatischen Folgen für Menschen, die wegen Überschwemmungen, Dürren oder Stürmen ihre Lebensgrundlage verlieren und ihren Grund und Boden oder sogar ihr Heimatland verlassen müssen, kommen in den Debatten bisher deutlich zu kurz.

Dabei sind viele Menschen von den Folgen der Klimaerwärmung bedroht: Schätzungen gehen davon aus, dass in den nächsten Jahrzehnten zwischen 150 Millionen und einer Milliarde Menschen wegen klimabedingter Umweltveränderungen und Naturkatastrophen gezwungen sein könnten, zu fliehen oder umzusiedeln.

Verletzt werden in diesem Zusammenhang insbesondere die Menschenrechte auf Erhalt der natürlichen Lebensgrundlage, angemessene Unterkunft, Nahrung, Wasser- und Sanitärversorgung sowie Gesundheit und in extremen Fällen das Recht auf Leben. Zudem haben die Betroffenen kaum Möglichkeiten, Achtung, Schutz und Gewährleistung ihrer Menschenrechte einzufordern (vgl: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung).

Dies erweckt den Anschein, dass tagtäglich rein gar nichts geschieht, um die globale Erwärmung abzumindern. Doch es gibt durchaus auch heute schon Errungenschaften beim Thema Klimaschutz. Das bisher bedeutsamste Verfahren zum Klimaschutz im Rahmen des Kyoto-Protokolls ist der Clean- Development-Mechanismus mit 8000 registrierten Projekten. Für Emissionsminderungen können hierbei Klimazertifikate ausgestellt werden. Diese Zertifikate können wiederum gehandelt werden, um die im Kyoto-Protokoll festgeschriebenen Klimaziele erreichen zu können. Die Projekte laufen weltweit und sorgen für die Reduktion von Treibhausgas-Emissionen.

Das größte Potential, um den Klimawandel abzumindern, hat eine Kombination von zwei Maßnahmen, die sonst nur selten mit Klimaschutz in Verbindung gebracht werden: Bildung für Mädchen und Zugang zu Verhütungsmitteln zur Familienplanung. Je länger Mädchen in die Schule gehen, desto später heiraten sie und desto weniger Kinder bekommen sie. Die UNESCO schätzt, dass sich mit einer zusätzlichen Investition von 39 Milliarden Dollar pro Jahr sicherstellen lässt, dass alle Mädchen weltweit in die Schule gehen.

Dann kommt die Familienplanung: 214 Millionen Frauen, die eine Schwangerschaft vermeiden wollen, haben keine modernen Verhütungsmittel, schätzt die Weltgesundheitsorganisation WHO. Dieses Problem lässt sich mit 9,4 Milliarden Dollar pro Jahr lösen. Bis zum Jahr 2050 lässt sich mit der Kombination dieser beiden Maßnahmen der Zuwachs der Weltbevölkerung um eine Milliarde Menschen reduzieren. Dadurch werden CO2-Emissionen von knapp 120 Milliarden Tonnen verhindert. Das ist mehr als die globalen Emissionen der letzten drei Jahre.



Diese Potentiale müssen genutzt werden, was derzeit jedoch nicht geschieht. Ein 16 Jahre altes Mädchen aus Schweden will bei der politischen Rat- und Tatlosigkeit nicht länger zusehen und hat beschlossen, mit den in ihrer Macht stehenden Mitteln zu streiken und dazu aufzurufen, es ihr gleichzutun.

Greta Thunberg hat das Asperger-Syndrom. Seit sie 8 Jahre alt ist und vom menschengemachten Klimawandel gehört hat, ist sie entschlossen, ihn aufzuhalten. Da ihre Mittel begrenzt sind, möchte sie vor allem mithilfe von Schulstreiks die Politik unter Druck setzen und an die internationale Gemeinschaft appellieren, endlich mehr gegen die globale Erwärmung zu unternehmen.



Gegenwartsbedeutung

Die "Fridays for Future"-Demonstrationen, initiiert von Greta Thunberg, spielen in der Lebenswelt der Schüler aktuell eine große Rolle. Mit Sicherheit haben einige Schülerinnen und Schüler bereits von Greta gehört oder sind dem Aufruf zum Schulstreik am Freitag gefolgt. Greta Thunberg ist als Vorbild für die Menschenrechtsbildung zu verstehen, da sie für ihre und die Menschenrechte aller auf die Straße geht und von der Politik Handlungen einfordert. Sie inspiriert Schülerinnen und Schüler weltweit und genießt große mediale Aufmerksamkeit. Im Jahr 2019 wurde sie von führenden norwegischen Politikern für den Friedensnobelpreis nominiert.

Zukunftsbedeutung

Der Klimawandel bedroht die menschenrechtlichen Freiheitsvoraussetzungen auf existenzielle und irreversible Weise. In vielen Regionen der Welt sind die Menschenrechte auf Leben, Bildung, Nahrung, Wohnung, Wasser und Gesundheit bereits heute massiv bedroht. Besonders betroffen sind ohnehin stark benachteiligte Bevölkerungsgruppen wie Menschen in Armut, indigene Völker, Frauen und Kinder. Beispielsweise führt geschlechtsspezifische Diskriminierung dazu, dass bei Naturkatastrophen weniger Frauen überleben. Indigene Völker leben oft in größerer Nähe zu und in höherer wirtschaftlicher Abhängigkeit von der Natur, so dass Umweltveränderungen ihr Überleben stärker gefährden.

Lernziele
  • Die Schülerinnen und Schüler sollen die Bedeutung der Menschenrechte auf Leben, Bildung, Nahrung, Wohnung, Wasser und Gesundheit kennenlernen.
  • Die Schülerinnen und Schüler sollen die Relevanz von Klimaschutz erkennen.
  • Die Schülerinnen und Schüler sollen anhand des Beispiels von Greta Thunberg erkennen, dass man auch als Kind für seine Rechte einstehen kann.
  • Die Schülerinnen und Schüler sollen lernen, das Thema zu reflektieren und auf die eigene Situation zu beziehen. 
Unterrichtsmaterial
Links
Literatur
  • Maier, Hans (1997): Wie universal sind die Menschenrechte? Freiburg: Herder.
  • Fritzsche, K. Peter (2004): Menschenrechte. Eine Einführung mit Dokumenten. Paderborn: Verlag Ferdinand Schönigh.
  • Werner, Marco Nicolas (2010): Mythos Nachhaltigkeit. Marburg: Tectum Verlag.

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