Friedrich Schorlemmer

Friedrich Schorlemmer als Vorbild

"Im falschen gab es wahres Leben" - Friedrich Schorlemmer über die Lebensverhältnisse in der DDR.

Friedrich Schorlemmer kommt aus dem kirchlichen Bürgerrechtsfeld und hat sich als Bürgerrechtler und Menschenrechtsaktivist zu DDR-Zeiten und danach aktiv für Bürgerrechte eingesetzt und hält auch heute noch verschiedentlich zu Friedens- und Menschenrechtesfragen Vorträge.

Als evangelischer Pfarrer und Theologe hat er ein besonderes Interesse daran, die Rechte der Bürger in Ost- und Westdeutschland gemäß der christlichen Eschatologie (Lehre von der Hoffnung auf Vollendung des Einzelnen und das Wirken Gottes in seinen Handlungen) zu fördern und sie einzufordern.

Friedrich Schorlemmer hat in der DDR als erster aus der evangelischen Kirche heraus die Frage ins Feld geführt, ob man die Kirche zu Friedensdemonstrationen ermutigen sollte. Das galt als etwas Besonderes, weil in der DDR Repressionen gegen Pfarrer und Kirche durch das Ministerium für Staatssicherheit, vulgo Stasi, an der Tagesordnung waren.

Am 2.12.1989 hat sich Friedrich Schorlemmer für Versöhnungsgespräche zwischen Opfern des DDR-Regimes und ehemaligen Stasi- und Politbüromitarbeitern eingesetzt. Am 9.10.1999 sprach sich Schorlemmer für eine Amnestie für die SED-Parteimitglieder und deren Führungspersonal aus. Es sollte eine generelle Amnestie geben, außer für schwere Menschenrechtsverletzungen, die strafrechtlich verfolgt werden mussten. Ziel Friedrich Schorlemmers war es, dass sich die Ostdeutschen nicht weigern können sollten, ihre Vergangenheit aufzuarbeiten, statt in Trotz zu verfallen, was dann wiederum von der PDS ausgenutzt werden konnte. Er argumentiert damit, dass man die entmündigenden Seiten des DDR-Regimes ins Bewusstsein aller Deutschen holen müsste, nicht als beständige Erinnerung oder Mahnung an Schuld, sondern als Erinnerung daran, Demokratie lebendig zu erhalten.

Literatur

Neubert, Ehrhart (2000). Geschichte der Opposition in der DDR 1949-1989. Berlin: Bundeszentrale für politische Bildung

In dieser Monographie wird auf 900 Seiten (ohne Anhang und Personenregister) ein Überblick über die unterschiedlichen Friedens- und Bürgerrechtsgruppierungen in der DDR gegeben. Die Texte sind chronologisch geordnet; beginnend mit den Oppositionsgruppen in den Anfangsjahren der DDR bis hin zu Bürgerrechtsaktivisten aus allen Gesellschaftsmileus; sei es die Umweltbibliothek, die evangelische Kirche, oder aber auch Protestgruppen aus dem studentischen Milieu heraus. Friedrich Schorlemmers Tätigkeit wird nicht in einem gesonderten Kapitel oder Aufsatz erwähnt, sondern taucht immer wieder im Rahmen von Aktionen der evangelischen Kirche auf.

Ehrhart Neubert hat die Aktionen der DDR-Bürgerrechtler sehr akribisch dokumentiert und hat zahlreiche Wort- und Bilddokumente und Kommentare von ehemaligen Aktivisten der DDR-Oppositionsszene mit einfließen lassen. Insgesamt liest sich diese umfangreiche Monographie zwar informativ, jedoch taugt diese nicht für ein "schnelles" Nachschlagen und Auffinden. Es bedarf schon einer intensiven Lektüre, um zu bestimmten Bürgerrechtlern und Ereignissen Zugang zu finden.

Wenn man aber mit dem Ziel an die Lektüre geht, sich ein genaues Bild über die Bürgerrechtsbewegung in der DDR zu verschaffen und vielleicht eine größere wissenschaftliche Arbeit plant, ist dieser Band sehr zu empfehlen. Das Buch sei vor allem LehrerInnen empfohlen. Es wäre gut zur Unterrichtsvorbereitung zu verwenden. Für den Einsatz im Unterricht selbst müssten die Texte allerdings zusammengefasst, sprachlich vereinfacht und deutlich gekürzt werden.

Jesse, Eckhard (Hrsg.) (2000). Eine Revolution und ihre Folgen. 14 Bürgerrechtler ziehen Bilanz. Berlin: Ch. Links Verlag

Eckhard Jesse hat in diesem kleinen Sammelband verschiedene ehemalige DDR-Bürgerrechtler selbst zu Wort kommen lassen. Neben Friedrich Schorlemmer finden sich weitere berühmte Personen wie Joachim Gauck, der spätere Bundespräsident Deutschlands, Marianne Birthler, die spätere Bundesbeauftragte für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes, Vera Lengsfeld, Politikerin und Publizistin, und viele andere Persönlichkeiten aus dem DDR-Bürgerrechtsmilieu. Alle diese Persönlichkeiten schildern in einem längst wiedervereinten Deutschland die Schwierigkeiten und Herausforderungen, die es zu überwinden galt, wenn man sich für Bürgerrechte in der DDR einsetzen wollte. Dieser Sammelband eignet sich sehr gut, wenn man die Stimmung in der Vor- und Nachwendezeit in der DDR-Bürgerrechtsszene von "Dabeigewesenen" lesen möchte.

Müller-Enbergs, Helmut (2010). Wer war wer in der DDR? Berlin: Ch. Links Verlag

Eine weitere, sehr gute Informationsquelle bietet ein Artikel über Friedrich Schorlemmer im Lexikon "Wer war wer in der DDR?". Helmut Müller-Enbergs hat eine kurze Biographie über Schorlemmer geschrieben und über weitere DDR-Bürgerrechtsaktivisten und bekannte Personen aus der DDR. Dieses Lexikon eignet sich besonders gut für SchülerInnen, da sich der Text über wichtige Lebensstationen Friedrich Schorlemmers recht knapp hält und für SchülerInnen äußerst nachvollziehbar geschrieben ist.

Prinzing, Marlis (2012). Friedrich Schorlemmer: "Ich bin allein, aber nicht einsam". In M. Prinzing (Hrsg.), Meine Wut rettet mich. München: Verlag Kösel

Die in der publizierten Literatur über Friedrich Schorlemmer neueste Veröffentlichung datiert aus 2012. Die Journalistik-Professorin Marlis Prinzing interviewte für diesen Band sechs prominente Christen, darunter auch Friedrich Schorlemmer. Die Interviewten wurden zu ihren Glaubensstandpunkten von Prinzing befragt. Das Buch eignet sich sehr gut für eine Unterrichtsstunde, da man mit der Klasse einüben kann, wie man ein Interview mit einem Menschenrechtsaktivisten führen kann. 

Links

Friedrich Schorlemmer war 1993 der Preisträger des Friedenspreises des deutschen Buchhandels. Hierzu hat die Friedenspreisjury eine ausführliche Auflistung seiner von ihm verfassten Bücher veröffentlicht. Es findet sich dort auch eine Begründung der Jury, weshalb Friedrich Schorlemmer den Friedenspreis erhalten hat und eine kurze Biographie. Diesen Jurytext hat sein damaliger Laudator, der ehemalige Bundespräsident Richard von Weizsäcker, verfasst. Neben dieser kurzen Zusammenfassung über Schorlemmers Wirken ist als PDF auf die Friedenspreis- und Dankesrede Schorlemmers verlinkt, sowie die dazugehörige Laudatio Richard von Weizsäckers.

Sowohl die Laudatio als auch die Dankesrede sind zwei Quellen, die den LeserInnen einen Eindruck darüber geben, welche Aufbruchstimmung zu Beginn der 1990er Jahre in der noch jungen wiedervereinten Bundesrepublik herrschte. Es ging nicht nur darum, den Opfern der SED-Diktatur zu gedenken, sondern sich aktiv auch in der Postwendezeit für Versöhnung von Opfern (DDR-Bürger) und Tätern (DDR-Regime) einzusetzen. Sehr von Interesse dürfte im Jurytext auch die ausführliche Literaturliste sein, die dort über die zahlreichen Werke Schorlemmers eingestellt ist.
  • http://www.friedenspreis-des-deutschen-buchhandels.de/445722/?aid=524192
  • Richard von Weizsäckers Laudatio und Friedrich Schorlemmers Dankresrede: https://www.friedenspreis-des-deutschen-buchhandels.de/sixcms/media.php/1290/1993_schorlemmer.pdfhttps://www.zeit.de/zeit-magazin/2018/28/friedrich-schorlemmer-pfarrer-rettung
  • Unterrichtsmaterialien, die zu Friedrich Schorlemmer entwickelt werden könnten
  • https://www.zeit.de/zeit-magazin/2018/28/friedrich-schorlemmer-pfarrer-rettung
  • -> Dieser Online-Artikel der Zeit ist ein Interview mit Friedrich Schorlemmer über seine Schulzeit in der DDR. Dieser kann dazu verwendet werden um mit den SuS gemeinsam zu erarbeiten, wie sich SuS in Schulen in Diktaturen verhalten und wie in einer Demokratie, also wie Schülerinnen und Schüler Menschenrechte wahrnehmen können.
  • http://www.ddr-im-unterricht.de/fileadmin/ddr-im-unterricht/pdf/Zugaenge.pdf
  • -> Zugänge zur DDR-Geschichte. Anregungen zu projektorientiertem Lernen.

    -> Hier bietet das Landesinstitut für Schulentwicklung Baden-Württemberg zahlreiche Unterrichtsmaterialien zur DDR-Diktatur an. Diese Materialien richten sich an einen fächerübergreifenden Unterricht in Geschichte und Gemeinschaftskunde. Das Material ist allerdings schon etwas veraltet, da es 2009 veröffentlicht wurde und somit noch dem alten Bildungsplan für Baden-Württemberg folgt. Hier werden noch die drei Schularten WRS, RS und Gymnasium als getrennte Einheiten aufgeführt und nicht als Sekundarstufe I wie im neuen Bildungsplan. Friedrich Schorlemmer findet hier keine explizite Erwähnung, aber das Material kann dennoch Impulsgeber für die Lehrkräfte sein, um daran angelehnt selbst Materialien über Friedrich Schorlemmer zu entwickeln.

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